"Bankbesuch oder Gesellschaftsspiel? Willkommen in Costa Rica"

Veröffentlicht am 20. Juli 2025 um 03:57

Wenn man in Costa Rica zum ersten Mal eine Bank betritt, spürt man sofort: Hier ticken die Uhren anders. Nichts erinnert an die gewohnte Routine aus Deutschland, in der man schnell noch am Automaten etwas erledigt oder sich kurz in die Warteschlange stellt. Nein – ein Bankbesuch in Costa Rica ist ein Erlebnis. Fast schon ein kleines soziales Ritual.

Gleich am Eingang steht ein Sicherheitsbeamter. Immer freundlich, aber bestimmt bittet er die Damen darum, ihre Handtasche zu öffnen. Ein kurzer Blick hinein – keine Waffe, kein Problem – und schon darf man eintreten. Dieser Moment wirkt beim ersten Mal ungewohnt, fast befremdlich. Doch er ist Teil eines Alltags, in dem Sicherheit einen hohen Stellenwert hat.

Im Inneren der Bank eröffnet sich dann eine Szene, die an ein Spiel erinnert: Die Reise nach Jerusalem. Mehrere Stuhlreihen sind aufgestellt, alle sauber in Linie. Wer kommt, nimmt auf dem letzten freien Platz Platz. Zwei oder drei Schalter sind meist geöffnet. Sobald ein Kunde aufgerufen wird, steht die gesamte Reihe auf – jeder rückt einen Platz nach vorne. Schritt für Schritt, wie ein langsames, stilles Ritual.

Anfangs war ich irritiert. Warum nicht einfach aufstehen, wenn man selbst an der Reihe ist? Warum dieses gemeinsame Vorrücken? Doch mit der Zeit erkannte ich: Auch das ist Teil der Kultur. Niemand drängelt. Niemand überspringt. Es herrscht Geduld, Respekt und eine stille Ordnung.

In diesen Momenten, in denen ich auf meinem Platz sitze und warte, beobachte ich. Die Menschen, die Ruhe, das Miteinander. Es ist fast meditativ. Eine Entschleunigung, die ich so früher nie erlebt habe.

Ein Bankbesuch dauert hier länger – ja. Aber er schenkt auch etwas: Zeit. Zum Nachdenken. Zum Atmen. Zum Ankommen im Moment.

Und so wird selbst ein gewöhnlicher Gang zur Bank zu einer kleinen Lektion über das Leben in Costa Rica: Langsamer, bewusster, achtsamer.

Vielleicht ist das genau das, was dieses Land uns lehren will: Nicht alles muss schnell gehen. Manches darf einfach geschehen – im eigenen Rhythmus.

Und wenn du das nächste Mal bei einer Bank in Costa Rica sitzt und einen Stuhl weiter rückst, denk daran: Du bewegst dich nicht nur durch eine Schlange – du bewegst dich auch ein Stück weiter in Richtung Gelassenheit.

 

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